Rapser’s Delight

Gestern war ich auf einem Vortrag, bei dem wieder mal der Ersatz der fossilen Treibstoffe durch Pflanzenöl glorifiziert wurde. Dazu habe ich Folgendes herausgefunden: Deutschland verbraucht jedes Jahr deutlich mehr als 100 Mio. Tonnen Mineralöle. Mit Raps können jährlich etwa 140 Tonnen Öl pro Quadratkilometer erzeugt werden. Die gesamte Ackerfläche, die in Deutschland verfügbar ist, beträgt 120000 Quadratkilometer. Kurz gesagt: eine (natürlich fiktive) deutschlandweite permanente Rapsmonokultur könnte 17 Mio. Tonnen Pflanzenöl erzeugen ? und würde dann weniger als 15% des gegenwärtigen nationalen Ölbedarfs decken. Fossilen Brennstoffen kritisch gegenüberzustehen ist kein Grund, diese Fakten zu ignorieren.

Vive l’Europe!

Die Niederländer und die Franzosen haben bekanntlich mehrheitlich „nein“ gesagt zur EU-Verfassung. Jetzt sehen wir uns das Inhaltsverzeichnis der Verfassung an und rätseln, woran es gelegen hat. Fühlten sich die Niederländer vielleicht vom 30. Protokoll über die Sonderregelung für Grönland abgestoßen? Eventuell störte sie der Artikel III-152 über die Zusammenarbeit im Zollwesen? Sagten die Franzosen, „So nicht“, als sie Artikel III-232 lasen? Oder hatten schätzungsweise gut 90% der Wähler in Frankreich und den Niederlanden nicht den blassesten Schimmer, was in der Verfassung drinsteht und worüber sie überhaupt abstimmen?

Echte Menschen

Die Frage soll uns in Atem halten: wurde im Gefangenenlager auf Guantanamo der Koran „respektlos behandelt“, vielleicht sogar „geschändet“, „mißbraucht“ oder „ins Klo hinuntergespült“? Wie kann man einem leblosen Gegenstand nur so schreckliche Dinge antun? Viele Journalisten sind so schockiert, dass sie eines dabei ganz vergessen: es kommt doch überhaupt nicht darauf an, welche Schicksale Bücher in Guantanamo erleiden – sondern darauf, wie die Gefangenen behandelt werden. Die sind nämlich echte Menschen. Und wenn sie Verbrechen begangen haben, müssen sie vor ein Gericht gestellt und verurteilt werden. Andernfalls muss man sie freilassen.

Kopfrechnen

Durch Zufall erfuhr ich, meine Meinung sei gefragt, deswegen sollte ich mich anmelden und gewinnen.

Irgendwie drängen sich gleich mehrere Fragen auf: wenn nur einer von drei IPod minis verlost wird – was passiert dann mit den anderen beiden? Bleiben die übrig? Und erklärt sich dadurch vielleicht auch, warum auf dem Bild fünf iPods zu sehen sind? Nämlich weil zwei davon noch aus einer früheren Verlosung stammen?

Überforderung im Überfluss

Die deutsche Wirtschaft muss wachsen. Aber sie tut es nicht. Dass sie seit Jahren nicht richtig in Fahrt kommt, ist keine konjunkturelle, sondern eine strukturelle Schwäche. Sagen die Wirtschaftsforschungsinstitute. Eines wird allzuoft vergessen: wenn die Wirtschaft weiterwachsen soll, muss mehr produziert werden. Nehmen wir den Export mal weg – welche zusätzlichen Produkte brauchen die Deutschen? Die meisten Leute, die ich kenne, haben alles, was sie brauchen – im Zweifelsfall sogar mehr. Warum fragt eigentlich niemand, ob es vielleicht am Überfluss liegt, dass die Binnennachfrage so schwach ist. Ulrike Herrmann von der taz formuliert es so: „Kapitalismus ohne Wachstum – das ist historisch so neu, dass alle Parteien überfordert sind.“

Buntschießen

179Am 22. April 1915 gegen achtzehn Uhr bewegte sich in einer Breite von sechs Kilometern eine gelbgrüne Wolke aus Chlorgas langsam auf die französischen Stellungen in der Nähe der belgischen Stadt Ypern zu. Ersonnen und organisiert worden war dieser erste große Giftgaseinsatz von Fritz Haber, Direktor des Kaiser-Wilhelm-Institutes für Physikalische Chemie in Berlin. An diesem Tag sei der Terrorismus als Element des staatlichen Normalkrieges eingeführt worden, schreibt Peter Sloterdijk in seinem lesenswerten Buch Luftbeben. Giftgaseinsätze forderten im ersten Weltkrieg insgesamt 90000 Todesopfer. Die unheimliche wie demoralisierende Wirkung der Gase verdeutlichte den radikal neuen, Menschen zu Ungeziefer degradierenden Charakter des Maschinenkrieges, so Bernd Ulrich im Deutschlandfunk.