Tag der Abrechnung

Auch wenn es schwer fällt: jetzt müssen wir doch mal eine Lanze für Frau Merkel und ihr Wahlprogramm brechen. Manche haben es vielleicht falsch verstanden: die Mehrwertsteuer (eigentlich: Umsatzsteuer) soll nicht um 18%, sondern auf 18% erhöht werden. Das heißt: Umsatzsteuerpflichtige Waren und Dienstleistungen, die bisher 100 EUR gekostet haben, kosten nach der Steuererhöhung 101,70 EUR. Und daran soll die Binnennachfrage zugrunde gehen und die Mittelschicht verarmen? Ehrlich?

Trügerische Sicherheit

Besser lässt sich Hilflosigkeit nicht demonstrieren: an besonders gefährdeten Orten wie am Odeonsplatz in München laufen nach den Londoner Anschlägen Beamte der Bundespolizei mit Maschinengewehren spazieren. Ob die im Notfall auf plötzlich auftauchende Selbstmordattentäter schießen? Da müssen sie aber ganz schön aufpassen, dass sie nicht versehentlich die von den Terroristen mitgebrachten Sprengsätze treffen.

Selbstläufer

Die Mehrwehrsteuer wird erhöht. Sagt Angela Merkel. Nicht mit uns. Sagt die FDP. Die Mehreinnahmen werden zur Senkung der Lohnnebenkosten verwendet. Sagt Frau Merkel. Nein, in erster Linie zur Haushaltssanierung. Sagt Herr Stoiber. Und die meisten Deutschen glauben, wenn die C+F-Koalition erstmal an der Regierung ist, läuft alles von selbst. Liebe Schwellenländer, falls ihr Deutschland in der Wirtschaftskraft überholt, bildet euch nicht allzuviel darauf ein – es liegt vermutlich gar nicht an euch.

Mir san mir

Die Kleinkarierten, so heißt es jedenfalls in einem Lied von Attwenger, konzentrieren sich vor allem darauf, das Eigene zu feiern und alles Andere zu negieren. Hier in Bayern drückt man sich da etwas einfacher aus: „Mir san mir“ – was ungefähr soviel heißt wie: „Die Andern interessieren uns nicht, denn wir sind etwas ganz Besonderes“. 2000 Kleinkarierte haben sich in den letzten Monaten per Unterschrift gegen den Bau einer Moschee in München-Sendling ausgesprochen. Vielleicht sehen sie in der Moschee ein „Zeichen tödlicher Bedrohung“, wie es in einem Flugblatt zu lesen war. Vielleicht würden sie noch ganz andere Sachen unterschreiben, wenn man sie nur ließe. Den Münchner Stadtrat konnten sie damit nicht beirren. Er hat dem Bau der Moschee zugestimmt.

Treffer. Versenkt.

Im April 1995 besetzten Greenpeace-Aktivisten die Ölplattform Brent Spar im Atlantik, um deren Versenkung zu verhindern. Die Aktion führte in der Folgezeit dazu, dass der Mineralölkonzern Shell in Deutschland von allen boykottiert wurde, die ökologisch richtig handeln wollten. Dabei war Brent Spar nur zu 50% in Shell-Besitz, die andere Hälfte gehörte Esso. Das hatte Greenpeace in der Kampagne nicht erwähnt. Greenpeace brachte außerdem Informationen in Umlauf, nach denen sich auf der Plattform 5000 Tonnen giftiges Rohöl befinden, die zu einer gewaltigen ökologischen Katastrophe führen könnten. Dabei waren es weniger als 200 Tonnen. Nach einem langen Medienkrieg beschloss Shell am 20. Juni 1995, die Plattform an Land zu entsorgen. Ein Sieg für Greenpeace, aber nicht für die Wahrheit. Wahrscheinlich zu Recht schrieb Jens Bergmann 2001 in brandeins: Das kollektive Lebensgefühl der Greenpeacer sei „die Gewissheit, unbedingt im Recht zu sein und recht zu handeln und eigentlich von jeder Legitimationspflicht entbunden zu sein“.

Verlockend

Das hat Münti bestimmt nicht gewollt: Die Debatte um ausländische Finanzinvestoren hat das Interesse deutscher Privatanleger an Private Equity geweckt, berichtet die FAZ. Der Mittelzufluss bei darauf spezialisierten Fonds stieg in den vergangenen Monaten stark an. Statt am Elend Anderer am Verlust des eigenen Arbeitsplatzes mitverdienen zu können – irgendwie verlockend. Im Hinblick auf Nachhaltigkeit aber eher in einer Spielklasse mit Heroinkonsum.