Tag der Abrechnung

Auch wenn es schwer fällt: jetzt müssen wir doch mal eine Lanze für Frau Merkel und ihr Wahlprogramm brechen. Manche haben es vielleicht falsch verstanden: die Mehrwertsteuer (eigentlich: Umsatzsteuer) soll nicht um 18%, sondern auf 18% erhöht werden. Das heißt: Umsatzsteuerpflichtige Waren und Dienstleistungen, die bisher 100 EUR gekostet haben, kosten nach der Steuererhöhung 101,70 EUR. Und daran soll die Binnennachfrage zugrunde gehen und die Mittelschicht verarmen? Ehrlich?

Verlockend

Das hat Münti bestimmt nicht gewollt: Die Debatte um ausländische Finanzinvestoren hat das Interesse deutscher Privatanleger an Private Equity geweckt, berichtet die FAZ. Der Mittelzufluss bei darauf spezialisierten Fonds stieg in den vergangenen Monaten stark an. Statt am Elend Anderer am Verlust des eigenen Arbeitsplatzes mitverdienen zu können – irgendwie verlockend. Im Hinblick auf Nachhaltigkeit aber eher in einer Spielklasse mit Heroinkonsum.

Ende des Nulltarifs

„There is no such thing as a free lunch“, sagt ein geflügeltes Wort. Mit Mobiltelefonen zum Preis von null Euro verhält es sich ähnlich. In Wahrheit zahlt der Kunde das Gerät in 24 Raten ab. Um das ein bisschen zu verschleiern, heißen die Raten „Grundgebühr“ – ein relativ erfolgreicher Marketingtrick. Jetzt sieht es so aus, als ob damit bald Schluss sein könnte. Die E-Plus-Tochter simyo bietet seit kurzem mobiles Telefonieren ohne Laufzeitvertrag zu konkurrenzfähigen Preisen an. Mal sehen, ob die anderen Anbieter nachziehen.

Eine spezielle Form

Phischermens FriendEndlich habe ich auch mal eine Phishing-Mail bekommen. Mannomann, das war knapp. Um mich hinters Licht zuführen, imitierten die Betrüger geschickt die hierzulande übliche Schriftform:

„Dafuer muessen Sie unsere Seite besuchen, wo Ihnen angeboten wird, eine spezielle Form auszufuellen. In dieser Form werden Sie ZWEI FOLGENDE TAN – CODEs, DIE SIE NOCH NICHT VERWENDET HABEN, EINTASTEN.“

Klarer Fall: 1. Bei deutschen Kreditinstituten gibt es keine Umlaute auf der Tastatur. 2. Mitarbeiter deutscher Kreditinstute lösen manchmal mitten im Satz versehentlich die Feststelltaste für Großschreibung aus. 3. „Eine spezielle Form auszufuellen“ und „TAN-Codes eintasten“ sind im Bankenwesen sehr häufig benutzte Redewendungen. Tja, bei so einer teuflischen Tarnung muss man schon ein Meister-Detektiv sein, um Original und Fälschung auseinander halten zu können.

Überforderung im Überfluss

Die deutsche Wirtschaft muss wachsen. Aber sie tut es nicht. Dass sie seit Jahren nicht richtig in Fahrt kommt, ist keine konjunkturelle, sondern eine strukturelle Schwäche. Sagen die Wirtschaftsforschungsinstitute. Eines wird allzuoft vergessen: wenn die Wirtschaft weiterwachsen soll, muss mehr produziert werden. Nehmen wir den Export mal weg – welche zusätzlichen Produkte brauchen die Deutschen? Die meisten Leute, die ich kenne, haben alles, was sie brauchen – im Zweifelsfall sogar mehr. Warum fragt eigentlich niemand, ob es vielleicht am Überfluss liegt, dass die Binnennachfrage so schwach ist. Ulrike Herrmann von der taz formuliert es so: „Kapitalismus ohne Wachstum – das ist historisch so neu, dass alle Parteien überfordert sind.“

Im Ashram der Kapitalanlage

Börsengurus wie Markus Frick stehen immer wieder im Verdacht, Aktien zuerst zu kaufen, dann zu empfehlen und aus der steigenden Nachfrage Profit zu schlagen. Eine billige, aber lukrative Masche. Aber wir wollen dem Bäckermeister Frick ja nichts unterstellen. Schließlich will er nur sein Wissen teilen und andere am Glück teilhaben lassen. Ein vierstündiges Seminar kostet 79 EUR – absolut preiswert, wenn man dadurch Millionär wird. Wahrscheinlich erfährt man dort von Herrn Frick solche Börsengeheimnisse wie dieses hier:

Halten Sie immer nur so viele Aktien in Ihrem Depot, wie Sie sich zutrauen würden, Kinder gleichzeitig zu erziehen.
Als Richtwert kann man etwa drei bis vier Aktien.“

So steht es wörtlich auf seiner Homepage. Kleiner Tipp, Herr Frick: einen Punkt setzt man immer erst dann, wenn ein Satz zu Ende ist. Zum Schluss noch eine Frage: Wir haben schon vier Telekom-Aktien, und jetzt überlegen wir uns, ob wir noch eine weitere bekommen sollen. Was meinen Sie, schaffen wir es, alle fünf gleichzeitig zu erziehen, oder sollen wir warten, bis die ersten vier aus dem Haus sind?